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Bußgeldbescheid – Fristen: Einspruch, Zustellung & Verjährung

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Dieser Beitrag beantwortet umfassend typische Fragen unserer Nutzer rund um das Thema Fristen.

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Welche Fristen sind im Zusammenhang mit einem Bußgeldbescheid wichtig?

Im Folgenden wird zunächst ein Überblick über die verschiedenen Fristen (beim Bußgeldbescheid) gegeben, die im Bußgeldrecht also auch im Zusammenhang mit einem Bußgeldbescheid eine Rolle spielen. Bezüglich der Fristen beim Bußgeldbescheid ist zu unterscheiden zwischen:
  • Fristen, die die Behörde bzw. das Gericht einhalten muss, um eine Tat zu ahnden. Werden diese Fristen nicht eingehalten, hat der Betroffene nichts mehr zu befürchten. Denn die Tat kann dann nicht mehr durch Bußgeldbescheid geahndet werden. Man spricht hier von Verjährung. Bußgeld, Punkte und Fahrverbot fallen dann nicht an.
  • Fristen, die der Betroffene einhalten muss, wenn er sich zum Beispiel gegen einen Bußgeldbescheid wehren möchte (insbesondere Einspruchsfrist beim Bußgeldbescheid; Frist, innerhalb derer ein Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid eingelegt sein muss).

(1) Fristen der Behörde:

Die Behörde muss sich beeilen, wenn sie eine Ordnungswidrigkeit (zum Beispiel eine Geschwindigkeitsüberschreitung, einen Rotlichtverstoß oder einen Abstandsverstoß) verfolgen und schließlich mit einem Bußgeld oder sogar einem Fahrverbot ahnden möchte. Lässt sie sich zu viel Zeit, kann sie Ordnungswidrigkeiten nicht mehr durch Bescheid ahnden. Das Gesetz spricht hier in den §§ 31 bis 33 OWiG von Verfolgungsverjährung.

Die Behörde muss also innerhalb der sehr kurzen Frist tätig werden. Da es im Einzelfall lange dauert, beispielsweise einen Betroffenen zu ermitteln, sind diese Verjährungsfristen eine Chance für den Betroffenen. Denn, wenn er es schafft, dass die Behörde zum Beispiel innerhalb der Frist nicht an ihn herantritt, dann hat er Geldbuße, Fahrverbot und Punkte nicht mehr zu fürchten. Also: Bei Verjährung droht keine Geldbuße mehr.

Die Verjährung hat dabei den Zweck, es „gut sein zu lassen“. Die Ordnungswidrigkeit hat – der Name sagt es schon – die Ordnung gestört. Diese Ordnung kann durch eine zeitnahe Ahndung wieder gestärkt werden. Einer solchen Stärkung bedarf es aber nicht mehr, wenn ohnehin schon eine bestimmte Zeit vergangen ist. Der Rechtsstaat erweist sich hier als gnädig und zeigt, dass er vergessen kann.

Von der Verfolgungsverjährung ist die Vollstreckungsverjährung nach § 34 OWiG zu unterscheiden. Die Vollstreckungsverjährung betrifft die Frage, wie lange die Behörde Zeit hat, um eine rechtskräftige Bußgeldentscheidung (insbesondere einen rechtskräftigen Bescheid) zu vollstrecken (oft hört man die etwas schiefe Formulierung, dass der „Bußgeldbescheid verjährt“). Wenn also jemand beispielsweise einen Bußgeldbescheid über 70 Euro erhält, keinen Einspruch gegen den Bescheid einlegt, aber auch nicht zahlt, muss die Behörde den Bescheid innerhalb von drei Jahren vollstrecken, also innerhalb von drei Jahren das Bußgeld eintreiben (wenn kein Sonderfall des § 34 Abs. 4 OWiG vorliegt, dazu sogleich näher!).

(2) Fristen der Betroffenen:

Der Betroffene muss insbesondere die Einspruchsfrist des § 67 Abs. 1 OWiG einhalten. Der Betroffene kann danach gegen den Bußgeldbescheid nur innerhalb von zwei Wochen (14 Tage) nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, Einspruch gegen den Bescheid einlegen (fälschlich wird oft der Begriff „Widerspruch“ verwendet). Die genaue Adresse steht auf dem Bußgeldbescheid. Wenn die Einspruchsfrist verstreicht, wird der Bescheid rechtskräftig.

In bestimmten Fällen wie bei einem längeren Urlaub des Betroffenen kann der Einspruch auch nach Ablauf dieser Frist noch eingelegt werden, wenn zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt wird. Maßgeblich für die Zustellung ist nicht die Kenntnis des Betroffenen vom Bescheid. Die Zustellung kann auch erfolgen, ohne dass der Betroffene vom Bescheid Kenntnis erhält.

Haben Sie einen Bußgeldbescheid erhalten, sollten Sie auf dem Umschlag genau auf das Datum der Zustellung achten, um die Frist nicht zu versäumen. Halten Sie Ihren Bescheid für fehlerhaft, prüfen Sie zügig, ob Sie Einspruch einlegen möchten. Halten Sie Ihren Bescheid für fehlerhaft, prüfen Sie auch, ob Sie nicht Unterstützung von einem Anwalt haben möchten, der Ihren Bescheid prüft und über den Bescheid hinaus die Ermittlungsakte. Da es mitunter lange dauert, sich selbst einzulesen, kann Ihr Bescheid sonst schon rechtskräftig sein und Sie müssen die im Bescheid angeordneten Folgen akzeptieren.

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Wie lang ist die Verjährungsfrist bei einem Bußgeldbescheid bzw. Ordnungswidrigkeiten?

Die Frist beträgt bis zum Erlass des Bußgeldbescheids meist drei und ab Erlass des Bußgeldbescheids sechs Monate. Im Einzelnen gestaltet sich die Rechtslage wie folgt:

Allgemeines. Das Gesetz kennt für Ordnungswidrigkeiten Verjährungsfristen verschiedener Länge, auch die Fristen beim Bußgeldbescheid (Verjährung) sind unterschiedlich. Die Grundregel (Achtung: im Verkehrsrecht gibt es eine sehr wichtige Ausnahme, dort beträgt die Frist der Verjährung zunächst in der Regel drei Monate) zur Länge der Verjährungsfristen enthält § 31 Abs. 2 OWiG.

Danach ist die Fristenlänge gestaffelt und davon abhängig, in welcher Höhe eine Geldbuße bei der jeweiligen Ordnungswidrigkeit höchstens verhängt werden kann. Bei der Frage, mit welchem Bußgeld eine Tat höchstens geahndet werden kann, ist zu beachten, ob Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorliegt. Denn gemäß § 17 Abs. 2 OWiG ist bei einem fahrlässigen Verstoß höchstens die Hälfte des Bußgelds möglich, das bei einem vorsätzlichen Verstoße möglich wäre.

Die Fristen betragen demnach

  • drei Jahre bei Taten, die höchstens mit einem Bußgeld von über 15.000 Euro geahndet werden können,
  • zwei Jahre bei Taten, die höchstens mit einem Bußgeld von über 2.5000 und bis zu 15.000 Euro geahndet werden können,
  • ein Jahr bei Taten, die höchstens mit einem Bußgeld von über 1.000 und bis zu 2.500 Euro geahndet werden können und
  • sechs Monate bei Taten, die höchstens mit einem Bußgeld von bis zu 1.000 Euro geahndet werden können.

Die kürzeste Frist nach dem OWiG beträgt demnach immerhin noch sechs Monate. Diese Frist gilt grundsätzlich bei Verkehrsordnungswidrigkeiten wie fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtverstößen usw., da bei diesen nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 OWiG in Verbindung mit § 24 StVG (in Verbindung mit der entsprechenden Norm der StVO – der Straßenverkehrsordnung), § 17 Abs. 2 OWiG höchsten eine Geldbuße von 1.000 Euro verhängt werden kann. Bis zum Erlass eines Bußgeldbescheids ist allerdings die jetzt folgende wichtige Sonderregelung zu beachten.

Straßenverkehrsrecht. Das StVG (Straßenverkehrsgesetz) enthält eine wichtige Ausnahme. Der Gesetzgeber war hier noch großzügiger. § 26 Abs. 3 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) ordnet an, dass die Frist der Verfolgungsverjährung bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG drei Monate beträgt, wenn noch kein Bußgeldbescheid ergangen ist (oder Klage erhoben wurde, was sich auf eine Ahndung gemeinsam mit einer Straftat bezieht). Die die Tat verfolgende Stelle hat also zunächst nur drei Monate Zeit, eine Handlung vorzunehmen, die die Verjährung unterbricht.

Zu diesen Ordnungswidrigkeiten mit kurzen Fristen nach § 24 StVG zählen insbesondere Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtverstöße, Abstandsverstöße, Rotlichtverstöße, Überladungen usw. Bis zum Erlass des Bußgeldbescheids gilt also eine Verjährungsfrist von drei Monaten. Welche Verjährungsfrist ab Erlass des Bußgeldbescheids gilt, wurde oben bereits erörtert: Wenn schon ein Bußgeldbescheid erlassen wurde, gilt wieder die obige Regel zu Fristen (§ 33 OWiG). Für fahrlässige Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr (Geschwindigkeitsverstoß, Rotlichtverstoß usw.) gilt dann nach § 24 Abs. 2 StVG in Verbindung mit § 17 Abs. 2 OWiG, dass eine Geldbuße im Höchstmaß von 1.000 Euro verhängt werden kann. Die Verjährungsfrist beträgt daher ab Erlass des Bußgeldbescheids sechs Monate. Bei vorsätzlichen Verstößen kann sie dagegen ein Jahr betragen.

Beispiel:

Jemand überschreitet im Januar 2023 fahrlässig die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 21 km/h. Aufgrund eines Versehens eines Mitarbeiters taucht die CD mit den Messdaten beim Bußgeldamt aber erst im Mai 2023 auf. Wenn die Behörden erst so spät (nach Ablauf von drei Monaten) von der Tat erfahren, ist die Tat verjährt und kann nicht mehr verfolgt werden. Denn die Verjährungsfrist beträgt nur drei Monate. Die Frist für den Bußgeldbescheid ist abgelaufen. Wenn Sie jetzt trotzdem noch einen Bußgeldbescheid erhalten, können Sie dagegen vorgehen. Wenn es so lange dauert, ist die Sache beim Erlass des Bescheids bereits verjährt. Der Betroffene hat weder Bußgeld noch Punkte in Flensburg noch sonst eine Folge zu befürchten.

Begründung:

Es greift hier die Sonderregel des § 26 Abs. 3 StVG ein. Die Behörde hat noch keinen Bußgeldbescheid erlassen. Damit gilt die Verjährungsfrist von nur drei Monaten. Die drei Monate sind im April abgelaufen. Daher ist Tat verjährt. Die Frist für den Bußgeldbescheid ist abgelaufen.
(Ohne diese Sonderregel betrüge die  Verjährungsfrist hier nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 OWiG sechs Monate. Denn die Geschwindigkeitsüberschreitung ist eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 24 Abs. 2 StVG, da sie in § 3 StVO geregelt ist und die Straßenverkehrsordnung eine Vorschrift nach § 24 Abs. 1 StVG ist. Es kann also für Geschwindigkeitsüberschreitungen höchstens eine Geldbuße von 2.000 Euro verhängt werden.
Im Beispiel liegt aber nur eine fahrlässige Geschwindigkeitsüberschreitung vor, so dass nach § 17 Abs. 2 OWiG höchstens eine Geldbuße von 1.000 Euro verhängt werden könnte. Danach würde die Frist ohne die Sonderregel sechs Monate betragen und die Tat wäre noch nicht verjährt.)
Sie sollten in solchen Fällen die Verjährung anführen, wenn Sie dennoch einen Anhörungsbogen erhalten oder einen Bußgeldbescheid.
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Wann beginnt die Verjährungsfrist bei einem Bußgeldbescheid bzw. Ordnungswidrigkeiten von neuem?

Die Verjährungsfristen des § 31 OWiG bzw. 26 Abs. 3 StVG, die für fahrlässige Verkehrsordnungswidrigkeiten wie Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtverstöße, Handyverstöße usw. bis zum Erlass eines Bußgeldbescheids also drei Monate und danach sechs Monate betragen, beginnen regelmäßig von neuem, das Gesetz spricht hier in § 33 Abs. 1 OWiG von einer Unterbrechung der Verjährung. Die Behörde bzw. das Gericht haben hier die Möglichkeit, die Verjährung weit über die drei Monate bzw. sechs Monate hinauszuschieben. Das geht beliebig oft, bis die in § 33 Abs. 3 S. 2 OWiG genannten Höchstfristen erreicht sind. Wenn es so lange dauert, ist die Sache dann in der Regel verjährt. Strenggenommen gibt es also keine Frist für den Bußgeldbescheid, sondern ein Neubeginn der Verjährung kann auf verschiedenen Gründen beruhen.Welche Ereignisse die Verjährung unterbrechen und also dazu führen, dass die Frist (von drei oder sechs Monaten) von neuem beginnt, ist in § 33 Abs. 1 OWiG geregelt.  Wichtigster Fall ist, dass der Betroffene vernommen wird (Anhörungsbogen). Es genügt allerdings nicht, dass andere Personen wie Nachbarn oder Familienangehörige vernommen werden. Wenn die Behörde binnen drei Monaten nicht auf einen zukommt, ist es zu spät. Man hat nichts mehr zu befürchten. Sollte aber dennoch ein aufgrund der Verjährung fehlerhafter Bußgeldbescheid ergehen, muss man dennoch Einspruch einlegen und die Verjährung geltend machen. Auch hier sollte man sich fachkundigen Rat suchen.

Beispiel 1:

Jemand überschreitet im Januar 2023 die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 31 km/h. Im März 2023 ergeht ein Anhörungsbogen an den Fahrer und im Mai ein Bußgeldbescheid. Die Tat ist hier nicht verjährt. Die Frist betrug ab Januar 2023 drei Monate (wäre also im April abgelaufen). Durch die Anhörung im März innerhalb der Frist beginnt erneut eine Frist von drei Monaten, die also bis Juni laufen würde. Der Erlass des Bußgeldbescheids erfolgte im Mai innerhalb der Frist und hat seinerseits eine neue – jetzt sechsmonatige – Frist in Gang gesetzt bis November 2023 usw.

Beispiel 2:

Jemand begeht einen Rotlichtverstoß im Januar 2023. Im März 2023 ergeht einen Anhörungsbogen an den Bruder des Fahrers. Dieser gibt daraufhin im Mai 2023 an, wer gefahren ist. Die Behörde kann jetzt gegen den wirklichen Fahrer nicht mehr vorgehen. Die Tat ist verjährt. Die Verjährung beginnt bei einer Anhörung nur erneut, wenn die richtige Person angehört worden ist.

Unterbrechungsgründe: Im Einzelnen beginnt die Verjährung in den folgenden Fällen von neuem (§ 33 Abs. 1 OWiG bezeichnet dies als „Unterbrechung“
  • (1) Wichtigster und in der Praxis erster Unterbrechungsgrund ist die Anhörung des Betroffenen meist durch „Anhörungsbogen“ oder „Anhörungsschreiben“). Das Gesetz ordnet in § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG an, dass die erste Vernehmung des Betroffenen, die Bekanntgabe, dass gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder die Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe die Verjährung unterbricht. Wie schon der Wortlaut der Norm sagt, führt nur eine Anhörung usw. des Betroffenen zur Unterbrechung. Wird etwa nur ein Familienangehöriger angehört, wird die Verjährung nicht unterbrochen. Die Verjährung kann durch eine Maßnahme nach Abs. 1 Nr. 1 nur einmal unterbrochen werden, auch wenn das Gesetz nur bei der Vernehmung sagt, dass es eine erste sein müsse. Ein Trick kann hier sein, dass man als Betroffener sofort das Gespräch sucht und damit auf frischer Tat betroffen ist. Denn darin kann eine Mitteilung liegen, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet ist. Wenn dann nach zwei Monaten ein Anhörungsbogen rausgeht, kann dieser die Verjährung nicht mehr unterbrechen. Wird nicht innerhalb von drei Monaten ein Bußgeldbescheid erlassen, ist die Tat in der Regel verjährt.
  • (2) Zudem wird die Verjährung unterbrochen durch eine richterliche Vernehmung des Betroffenen oder eines Zeugen und sogar schon durch die Anordnung einer solchen Vernehmung, § 33 Abs. 1 Nr. 2 OWiG. Dieser den Betroffenen, den Verteidigern und vielen Gerichten unbekannte Unterbrechungstatbestand kann durchaus häufiger in Verkehrsordnungswidrigkeiten einschlägig sein.
  • (3) Ein weiterer Unterbrechungsgrund ist die Beauftragung eines Sachverständigen, § 33 Abs. 1 Nr. 3 OWiG. Erfolgen mehrere Beauftragungen, wird die Verjährung durch jede Beauftragung unterbrochen. Ob die Behörde oder das Gericht sich an einen Sachverständigen wendet, ist dabei unerheblich. Beides unterbricht die Verjährung. Zu beachten ist, dass die Beauftragung eines Sachverständigen die Verjährung nur dann unterbricht, wenn der Betroffene bereits davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren läuft oder er sogar bereits als Betroffener vernommen wurde. Überlegt es sich die Behörde oder das Gericht noch einmal und wird der Gutachtenauftrag zurückgenommen, so berührt das die durch die ursprüngliche Beauftragung eingetretene Verjährungsunterbrechung nicht. Die Beauftragung eines Sachverständigen kommt bei Verkehrsordnungswidrigkeiten in ganz unterschiedlichen Bereichen in Betracht: ein anthropologisches Gutachten zum Abgleich von Lichtbildern („Gesichtserkennungsgutachten“), ein Gutachten zur Überprüfung der Geschwindigkeit, der Verkehrssicherheit einer Anlage, der Funktionstüchtigkeit einer Anlage, zu vorgeschriebener Ausstattung von Fahrzeugen, zur Unfallrekonstruktion usw. Gutachten sind in Ordnungswidrigkeiten häufiger notwendig, um den Fall zufriedenstellend aufzuklären. Oftmals werden Verfahren, die besonders geringe Ordnungswidrigkeiten betreffen, dann aber wegen „Unverhältnismäßigkeit“ eingestellt.
  • (4) Einen Neubeginn der Verjährungsfrist lösen nach § 33 Abs. 1 Nr. 4 OWiG zudem bestimmte Ermittlungsmaßnahmen aus. Dies sind im Einzelnen die Anordnung der Behörde oder des Gerichts, dass ein Gegenstand des Betroffenen durchsucht oder beschlagnahmt wird. Wenn eine solche Anordnung getroffen ist und der Betroffene dagegen vorgeht, entscheidet das Gericht über deren Rechtmäßigkeit. Diese gerichtliche Entscheidung selbst führt zu einem erneuten Neubeginn der Verjährung. Anders als bei der Anhörung des Betroffenen lösen auch erneute Durchsuchungsanordnungen (nach jeweils durchgeführter Durchsuchung bzw. Beschlagnahme einen Neubeginn der Verjährung aus. Durchsuchungen und Beschlagnahmen sind im Bußgeldrecht bei eher kleineren Verkehrsverstößen wie Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtverstößen, Abstandsverstößen usw. äußerst selten.
  • (5) Die Verjährung beginnt zudem erneut, wenn der Betroffene abwesend (untergetaucht, unbekannt verzogen etc.) ist, und die Behörde oder das Gericht deswegen das Verfahren vorläufig (nämlich bis zum Auffinden des Betroffenen) einstellt, § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG. Wenn nach einer Einstellung weitere Fahndungsmaßnahmen ergriffen werden, beginnt die Frist dadurch auch stets aufs Neue zu laufen. Dies kann häufiger vorkommen, auch im Bereich von Verkehrsordnungswidrigkeiten.
  • (6) Wenn die Behörde oder das Gericht im Ausland ermitteln lassen müssen (was sie nicht selber dürfen) und bei der Vertretung des ausländischen Staates um Ermittlung ersuchen, lässt dies die Verjährung ebenfalls von Neuem beginnen, § 33 Abs. 1 Nr. 6 OWiG. In Verkehrsordnungswidrigkeiten kann dies theoretisch durchaus passieren, wenn zum Beispiel jemand im Urlaub in Deutschland einen Verstoß begangen hat. In der Praxis wird so ein Ermittlungsauftrag nur selten in Betracht kommen. Denn bis die Antwort eingeht, ist die Sache oftmals verjährt. Der Aufwand ist zudem bei kleineren Ordnungswidrigkeiten sehr beträchtlich.
  • (7) Der Vollständigkeit halber sei der im Verkehrsrecht nicht relevante Unterbrechungstatbestand des § 33 Abs. 1 Nr. 7 OWiG erwähnt, nach dem eine gesetzlich notwendige Anhörung einer anderen Behörde (Baubehörde zum Beispiel) die Verjährung unterbrechen kann.
  • (8) Wenn die Staatsanwaltschaft zunächst wegen einer Straftat ermittelt hat, kann sie unter den Voraussetzungen des § 43 OWiG das Verfahren bezüglich des Bußgelds an die Behörde, die zuständig wäre, wenn der Vorwurf einer Straftat nie im Raum gestanden hätte, abgeben. Diese Abgabe unterbricht die Verjährung, § 33 Abs. 1 Nr. 8 OWiG. Fälle, in denen die Staatsanwaltschaft zunächst wegen einer Straftat ermittelt, sind beispielsweise unerlaubtes Entfernen vom Unfallort nach § 142 StGB, Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB oder fahrlässige Körperverletzung nach § 229 StGB. Hier sind in der Regel zugleich Ordnungswidrigkeiten verwirklicht.
  • (9) Ein wichtiger Unterbrechungstatbestand ist der Erlass eines Bußgeldbescheids, § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG. Die Verjährung beginnt beim Erlass von einem Bußgeldbescheid ab dem Zeitpunkt von neuem, zu dem der Bußgeldbescheid erlassen wurde, wenn der Bußgeldbescheid binnen zwei Wochen (14 Tagen) nach Erlass zugestellt wurde. Erfolgt die Zustellung des Bußgeldbescheids später, dann beginnt die Verjährungsfrist mit dem Datum der Zustellung vom Bußgeldbescheid von neuem. Dieser Unterbrechungstatbestand ist für kleinere Verkehrsordnungswidrigkeiten (zum Beispiel Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, Blitzer Verjährung) vor allem deshalb wichtig, weil ab dem Erlass vom Bußgeldbescheid nach § 26 Abs. 3 StVG die Verjährungsfrist hier nicht mehr drei Monate beträgt, sondern nach § 31 Abs. 2 Nr. 4 OWiG sechs Monate. Wichtig ist das Datum der Zustellung des Bußgeldbescheids. Wann die Zustellung erfolgt ist, ergibt sich beim Bußgeldbescheid aus dem Umschlag (Datum der Zustellung beim Bußgeldbescheid).
  • (10) Ein weiterer Unterbrechungstatbestand liegt vor, wenn das Verfahren auf den Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid hin nicht eingestellt wird, sondern über die Staatsanwaltschaft dem Gericht vorgelegt wird, § 33 Abs. 1 Nr. 10 OWiG. Hält das Gericht die Sache für ungenügend aufgeklärt, verweist es sie mit wiederum die Verjährung unterbrechender Wirkung zurück.
  • (11) Wenn das Gericht dann Termin bestimmt, unterbricht dies die Verjährung von neuem, § 33 Abs. 1 Nr. 11 OWiG. Wird der Termin verlegt, stellt dies eine erneute Anberaumung einer Hauptverhandlung dar, so dass die Verjährung von neuem beginnt. Wenn das Gericht also aufpasst, kann die Sache wegen Überschreitung der sechsmonatigen Frist bei Gericht nicht mehr verjähren (es bleibt natürlich auch in diesem Fall die absolute Verjährungsfrist des § 33 Abs. 3 OWiG). Ob die Bestimmung des Hauptverhandlungstermins notwendig oder auch nur zweckdienlich war, ist unerheblich. Auch ist unerheblich, ob das persönliche Erscheinen des Betroffenen angeordnet war. Die Anberaumung eines neuen Hauptverhandlungstermins liegt natürlich nicht vor, wenn nur ein alter Termin aufgehoben wurde.
  • (12) Die Verjährung kann zudem unterbrochen werden, wenn das Gericht eine Entscheidung durch Beschluss beabsichtigt und einen Hinweis nach § 72 OWiG erteilt, § 33 Abs. 1 Nr. 12 OWiG.
  • (13) Wenn die Staatsanwaltschaft eine Straftat anklagt, die im Zusammenhang mit einer Ordnungswidrigkeit steht oder einen Strafbefehl beantragt (§ 407 StPO), lässt dies die Verjährung gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 13 OWiG ebenfalls von neuem beginnen. Dieser Fall kann gerade bei Verkehrsstraftaten wie dem unerlaubten Entfernen vom Unfallort nach § 142 StGB, der Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB, der fahrlässigen Körperverletzung im Verkehr oder Taten nach § 315b oder § 315c StGB durchaus vorkommen, wobei er in der Praxis eher selten anzutreffen ist.
  • (14) Der nächste Unterbrechungstatbestand, den das Gesetz aufzählt, ist die Eröffnung des Hauptverfahrens durch das Gericht, bei dem die Tat angeklagt ist, § 33 Abs. 1 Nr. 14 OWiG.
  • (15) In eine ähnliche Richtung geht der letzte Unterbrechungstatbestand des Erlasses eines Strafbefehls oder einer anderen dem Urteil entsprechenden Entscheidung, § 33 Abs. 1 Nr. 15 OWiG.

Wann verjährt eine Ordnungswidrigkeit spätestens?

Ordnungswidrigkeit verjähren unabhängig von Unterbrechungstatbeständen auf jeden Fall, wenn das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist gem. § 31 Abs. 2 OWiG (dazu bereits oben) verstrichen ist, mindestens jedoch zwei Jahre. Man spricht hier von der absoluten Verjährungsfrist. Die Vorschrift klingt auf den ersten Blick kompliziert, ist es aber eigentlich nicht. Man muss zunächst in einem ersten Schritt die Fristen nach § 31 Abs. 2 OWiG ermitteln, die sich daran orientieren, welches Bußgeld höchstens für eine Tat verhängt werden kann. Wie oben dargelegt ist dies für fahrlässige Verkehrsordnungswidrigkeiten ein Bußgeld in Höhe von 1.000 Euro. Die Frist nach § 31 Abs. 2 OWiG beträgt also sechs Monate. Das Doppelte von dieser Frist wär ein Jahr. Für den Fall sagt § 33 Abs. 3 OWiG („mindestens jedoch zwei Jahre“), dass die absolute Verjährungsfrist bei kleineren Verkehrsordnungswidrigkeiten (wie Geschwindigkeitsüberschreitung, Rotlichtverstoß, Handyverstoß, Abstandsverstoß) zwei Jahre beträgt. Anders als der Name der „absoluten“ Verjährungsfrist nahelegen könnte, sind auch diese Fristen in Wirklichkeit nicht absolut. Die wichtigste Ausnahme enthält § 32 Abs. 2 OWiG. Wenn nämlich einmal in nicht verjährter Zeit ein Urteil ergangen ist, verjährt die Tat nie. Hier ist zum einen ein Verwerfungsurteil denkbar, wenn der Betroffene zu einem Verhandlungstermin unentschuldigt nicht erscheint. Zum anderen ist hier aber auch das gewöhnliche Sachurteil nach durchgeführter Beweisaufnahme denkbar. Wenn jemand durch das Gericht zu einer Geldbuße verurteilt wurde und gegen das Urteil Rechtsmittel einlegt, verjährt die Tat nicht, während das Verfahren beim Rechtsmittelgericht in zweiter Instanz anhängig ist.

Beispiel 1:

Jemand überschreitet im Januar 2021 die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 31 km/h (Frist bis April). Die Behörde erlässt daraufhin im März einen Bußgeldbescheid und gibt die Sache ans Gericht ab (Frist bis September). Das Gericht holt alle fünf Monate ein Sachverständigengutachten ein (Frist jeweils um sechs Monate verlängert). So würde die Tat eigentlich nie verjähren. Da aber die absolute Verjährungsfrist zwei Jahre beträgt, kann die Tat nur bis Januar 2023 geahndet werden.

Beispiel 2:

Im selben Fall bestimmt das Gericht einen Hauptverhandlungstermin, zu dem der Betroffene nicht erscheint, weil er aufgrund eines Autounfalls im Koma liegt. Sein Einspruch wird in der Hauptverhandlung sodann durch Urteil verworfen. Als der Betroffene aus dem Koma erwacht, meldet er sich mit ärztlichen Unterlagen bei Gericht. Das Gericht gewährt Wiedereinsetzung und setzt den Prozess fort. In diesem Fall kann die Tat nicht mehr verjähren. Einer Verurteilung des Fahrers auch noch im Jahre 2025 steht die Verjährung jedenfalls nicht entgegen. 

In solch einem Extremfall ist jedoch zu prüfen, ob nicht eine Einstellung wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung oder ähnliches in Betracht kommt. Ein Anwalt für Verkehrsrecht kann hier weiterhelfen.

Bis wann muss ein Anhörungsbogen zugestellt werden bzw. da sein?

Verkürzend könnte man sagen, dass der Anhörungsbogen innerhalb von drei Monaten an den Fahrer losgeschickt sein muss, damit die Tat nicht verjährt. Etwas präziser ist es so: Wie soeben dargestellt beträgt die anfängliche Verjährungsfrist bei Verkehrsordnungswidrigkeiten drei Monate (§ 26 Abs. 3 StVG). Wenn die Behörde innerhalb dieser Frist nichts unternimmt, ist die Tat verjährt und es können also weder Bußgeld noch Punkte in Flensburg oder ein Fahrverbot verhängt werden.

Der Behörde stehen nach § 33 Abs. 1 OWiG verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, die Verjährung zu unterbrechen, womit die Frist von neuem beginnt. In der Regel ist der erste Unterbrechungstatbestand die Anhörung des Betroffenen. Das Gesetz sagt in § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG, dass die Verjährung erneut beginnt bei der ersten Vernehmung des Betroffenen, der Bekanntgabe, dass gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, oder der Anordnung dieser Vernehmung oder Bekanntgabe.

Damit genügt die Absendung eines Anhörungsbogens. Wenn der Bogen nach Ablauf der drei Monate beim Betroffenen ankommt, ist dies unerheblich. Ein Anhörungsbogen muss im Übrigen nicht zugestellt werden und wird dies in der Praxis auch nicht.

Bis wann muss der Bußgeldbescheid da sein?

Für den Regelfall einer Verkehrsordnungswidrigkeit (zum Beispiel Handyverstoß, Geschwindigkeitsverstoß usw.) gilt, dass ein Bußgeldbescheid spätestens innerhalb von drei Monaten ab Absendung des Anhörungsbogens zumindest versendet sein muss.

Wenn Sie innerhalb von drei Monaten und zwei Wochen (14 Tagen) ab Absendung des Anhörungsbogens keinen Bußgeldbescheid erhalten (er also nicht zugestellt wird), ist die Sache meist verjährt. Im Einzelnen gestaltet sich die Rechtslage wie folgt:

Eine Ordnungswidrigkeit kann (etwa durch einen Bußgeldbescheid) nur geahndet werden, wenn sie noch nicht verjährt ist. Die Verjährungsfrist beträgt nach § 26 Abs. 3 StVG bei Verkehrsordnungswidrigkeiten nach § 24 StVG (wie Handyverstoß, Geschwindigkeitsüberschreitung, Abstandsverstoß) bis zum Erlass eines Bußgeldbescheids drei Monate. Die Behörde hat also erst einmal nur drei Monate Zeit.

Diese Frist beginnt erneut, wenn einer der Unterbrechungsgründe des § 33 Abs. 1 OWiG vorliegt. Der wichtigste Unterbrechungsgrund in diesem Verfahrensstadium ist der Erlass eines Bußgeldbescheids. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG beginnt die Verjährung von neuem, wenn die Behörde innerhalb einer laufenden Verjährungsfrist einen Bußgeldbescheid zustellt (Zustellung erfordert keine Kenntnis, das Datum der Zustellung finden Sie auf dem Briefumschlag) oder auch schon erlässt, wenn die Zustellung innerhalb von zwei Wochen erfolgt.

Ab dem Erlass des Bußgeldbescheids beträgt die Verjährungsfrist dann sechs Monate (§ 26 Abs. 3 StVG) und kann ihrerseits wieder durch einen Unterbrechungsgrund nach § 33 Abs. 1 OWiG erneut ausgelöst werden.

Achtung: Für Ordnungswidrigkeiten, die nicht unter §§ 26 Abs. 3, 24 StVG fallen, wie ein Verstoß gegen Lenk- und Ruhezeiten, gilt von vornherein die kurze Verjährungsfrist von drei Monaten nicht, sondern es gelten die Fristen des § 31 OWiG.

Beispiel:

Jemand begeht im Januar 2023 einen Handyverstoß. Die Behörde versendet an den Fahrer im März 2023 einen Anhörungsbogen. Innerhalb von drei Monaten erlässt und verschickt sie einen Bußgeldbescheid, der aber aufgrund eines Postversehens erst nach fünf Monaten zugestellt wird. Die Sache ist dann verjährt. Denn ab der Absendung des Anhörungsbogens hat die Behörde nur drei Monate Zeit für Zustellung oder Erlass (bei Zustellung binnen zwei Wochen). Hier erfolgte die Zustellung des Bescheids aber erst nach fünf Monaten. Dass er innerhalb der laufenden Frist erlassen wurde, ist unerheblich. Die Tat kann nicht mehr verfolgt werden. Ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid hat hier Erfolg! 

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Wie werden die Verjährungsfristen berechnet?

Zur Entscheidung der Frage, ob eine Frist gewahrt wurde, muss man neben der soeben dargestellten Länge der Frist (zum Beispiel der Einspruchsfrist, Verjährungsfrist usw.) wissen, wie die Frist genau berechnet wird. Hat zum Beispiel jemand, der an einem Montag einen Bußgeldbescheid zugestellt bekommt, die Einspruchsfrist des § 67 OWiG gewahrt, wenn er seinen Einspruch am Montag zwei Wochen später absendet? Oder hat jemand, der an einem Montag einen Bußgeldbescheid zugestellt bekommt, die Einspruchsfrist des § 67 OWiG in jedem Fall versäumt, wenn er seinen Einspruch am Mittwoch zwei Wochen später absendet? Zur Berechnung einer Frist muss man wissen, wann die Frist beginnt, wie lange sie dauert und durch welche Handlung sie eingehalten wird. Die Frist beginnt dabei nach § 31 Abs. 3 OWiG mit Beendigung der Handlung, also zum Beispiel bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung mit dem berühmten Blitz. Die Länge der Frist nebst der Möglichkeit des Neubeginns wurde oben ausführlich dargelegt. Es fragt sich jetzt, wie der Ablauf berechnet wird: Zur Berechnung von Fristen enthält das OWiG keine eigenen allgemeinen Regeln. Daher sind nach § 46 OWiG die allgemeinen Regeln der Strafprozessordnung anzuwenden, insbesondere §§ 42, 43 StPO. Während § 42 StPO für Tagesfristen gilt, enthält § 43 StPO Vorschriften zu Wochen- und Monatsfristen. Bei der Einspruchsfrist beispielsweise handelt es sich um eine Wochenfrist („zwei Wochen“ Zeit), bei der Verjährungsfrist um eine Monatsfrist (drei Monate, sechs Monate usw.). Die Norm des § 43 StPO sagt nun, dass eine Frist, die nach Wochen oder Monaten bestimmt ist, mit Ablauf des Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat, endet. Also: Beginnt eine Wochenfrist an einem Montag, endet sie mit Ablauf eines Montags (bei einer Frist von zwei Wochen eben mit Ablauf des übernächsten Montags). Eine Monatsfrist, die zum Beispiel am Monatsvierten beginnt, endet entsprechend mit Ablauf des Vierten eines folgenden Monats. Ausnahmen dazu enthält § 43 Abs. 2 StPO: Fällt das Fristende auf einen Feiertag oder ein Wochenende, hat man bis zum Ablauf des nächsten Werktags Zeit. Innerhalb dieser Zeit muss dann aber die Handlung bewirkt sein, also zum Beispiel muss das Einspruchsschreiben innerhalb der zweiwöchigen Einspruchsfrist tatsächlich eingegangen sein. Also: Ein Einspruch gegen den Bußgeldbescheid muss innerhalb von zwei Wochen angekommen sein.

Beispiel:

Am 11.12.2022, einem Freitag, wird jemandem ein Bußgeldbescheid zugestellt. Er hat zwei Wochen Zeit, Einspruch einzulegen. Die Frist endet also als Wochenfrist eigentlich am 25.12.2022. Da der 25.12.2022 aber ein Feiertag ist und ebenso der 26. und der 27.12.2022 ein Sonntag, läuft die Frist erst mit Ablauf des 28.12.2022, einem Montag ab. 

Prüfen Sie allerdings Ihren Bußgeldbescheid und halten Sie ihn für fehlerhaft, sollten Sie die Frist zum Einlegen des Einspruchs nicht ausreizen, sondern möglichst zügig handeln.

Wann wird der Bußgeldbescheid rechtskräftig?

Legen Sie innerhalb der Einspruchsfrist gegen einen Bußgeldbescheid Einspruch ein, wird der Bußgeldbescheid nur rechtskräftig, wenn Sie den Einspruch wieder zurücknehmen.

Wenn die Einspruchsfrist beim Bußgeldbescheid dagegen abläuft, ohne dass der Betroffene oder für ihn ein Verteidiger Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegt, wird der Bußgeldbescheid unanfechtbar. Beim Bußgeldbescheid tritt formelle Rechtskraft ein.

Das bedeutet, dass der Bescheid nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln abgeändert werden kann (der Betroffene kann keinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid mehr einlegen, die Behörde kann den Bußgeldbescheid nicht mehr zurücknehmen). Aus dem Umstand, dass der Bußgeldbescheid formell rechtskräftig ist, folgt, dass die im Bußgeldbescheid geahndete Tat nicht nochmals als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann (der Bußgeldbescheid entfaltet damit auch materielle Rechtskraft).

Ob der Bußgeldbescheid rechtmäßig oder rechtswidrig ist, spielt dann keine Rolle mehr. Denn die Rechtmäßigkeit kann man eben nur mit dem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid überprüfen, der ja aber nicht mehr möglich ist.

Die Behörde kann aus einem rechtskräftigen Bußgeldbescheid, wenn das Bußgeld nicht gezahlt wird, auch vollstrecken. Der Betroffene kann sich dann nicht mehr darauf berufen, dass der Bußgeldbescheid rechtswidrig ist und so gar nicht hätte erlassen werden dürfen. Einzige Ausnahme ist, dass der Bußgeldbescheid völlig fehlerhaft und daher nichtig ist.

Bußgeldbescheid Frist bereits abgelaufen – Kann ich noch was tun?

Ergeht ein Bußgeldbescheid, den ein Betroffener für unberechtigt hält, kann der Betroffene gegen diesen Bußgeldbescheid innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung vorgehen. Dazu muss er schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, Einspruch einlegen, § 67 OWiG. 

Wenn er keinen Einspruch einlegt, wird der Bußgeldbescheid rechtskräftig. Das bedeutet, dass der Betroffene gegen den Bußgeldbescheid nicht mehr vorgehen kann und das Bußgeld zahlen muss sowie ggfs. Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot verhängt bekommt. Zahlt der Betroffene dennoch nicht, droht ihm Erzwingungshaft nach §§ 96 ff. OWiG. Zu beachten ist, dass es auf das Datum der Zustellung ankommt. Zustellung bedeutet nicht, dass der Betroffene vom Bescheid Kenntnis erlangt.

Dieses Ergebnis kann in bestimmten Fällen aber unbillig sein:

Wenn beispielsweise gegen einen allein lebenden Betroffenen ein rechtswidriger Bußgeldbescheid ergeht (die Zustellung erfolgt), während dieser sich aufgrund eines Verkehrsunfalls im Koma befindet, aus dem er erst nach Ablauf der Einspruchsfrist erwacht, liegt es auf der Hand, dass es unbillig wäre, ihm eine Rechtsschutzmöglichkeit wie einen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zu versagen.

Der Rechtsbefehl, den das Gesetz hier vorsieht, ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie ist in § 52 OWiG geregelt, der auf §§ 44, 45, 46 Abs. 3, 4 und 47 StPO ergänzend verweist. Es fragt sich nun, unter welchen Voraussetzungen Wiedereinsetzung gewährt werden kann und was ein Betroffener, der die Einspruchsfrist versäumt hat, genau tun muss.

Wichtigste Voraussetzung ist, dass jemand ohne Verschulden daran gehindert war, eine Frist einzuhalten, § 52 OWiG in Verbindung mit § 44 StPO. Schuld besteht, wenn die Versäumung der Frist vorwerfbar ist. Welche Sorgfalt geboten ist, kann nicht generell beantwortet werden. Es sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Die Frage ist, ob bei Anwendung der gerade dem Betroffenen nach Lage des Falles zumutbaren Sorgfalt die Frist nicht versäumt worden wäre. Gerade die Versäumung der Frist darf der Betroffene danach nicht verschuldet haben. Es geht nicht um das Ereignis, das den Betroffenen in die Lage versetzt hat, die Frist nicht einzuhalten.

Wenn also beispielsweise jemand schuldhaft einen Verkehrsunfall verursacht und anschließend zwei Monate, während derer ein Bußgeldbescheid ergeht und die Einspruchsfrist abläuft, im Koma liegt, ist die Versäumung der Frist dennoch nicht verschuldet, so dass Wiedereinsetzung gewährt werden kann.

Im Einzelnen wird in der Rechtsprechung in den folgenden Fällen angenommen, dass der Betroffene eine Frist unverschuldet versäumt hat:

  • schwere Krankheit,
  • technische Gründe (wie Stromausfall),
  • Naturereignisse (wie schwere Erdbeben oder Hochwasser),
  • starke Überschreitung der gewöhnlichen Postlaufzeit (der Betroffene hatte seinen Einspruch, der wegen eines Postversehens erst nach drei Wochen bei der Behörde eintrifft, sofort nach Zustellung des Bußgeldbescheids abgesendet);
  • Verschulden des Verteidigers (also des beauftragten Rechtsanwalts),
  • Urlaubs- und Geschäftsreisen bis max. sechs Wochen (wenn man nicht mit dem Erlass eines Bußgeldbescheids rechnen musste);
  • unvorhersehbare Entwendung des zugestellten Bußgeldbescheids aus dem Briefkasten
  • usw.

Was muss der Betroffene nun tun, wenn er die Frist zum Einspruch gegen den Bußgeldbescheid unverschuldet versäumt hat? Diese sogenannten formellen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung bei einer versäumten Frist sind in §§ 44 ff. StPO geregelt, auf den § 52 OWiG verweist. Danach muss der Betroffene einen entsprechenden Antrag innerhalb einer Woche (weitere Frist) nach Wegfall des Hindernisses (zum Beispiel Urlaubsrückkehr) stellen.

Es ist die gleiche Form wie für den Einspruch einzuhalten. Es empfiehlt sich insbesondere ein Brief oder Fax. Man muss in der Regel zugleich mit der Wiedereinsetzung Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einlegen. Die Tatsachen, die zur Wiedereinsetzung führen sollen, muss der Betroffene zudem im Antrag darlegen. Dieser Vortrag muss die Prüfung der Frage ermöglichen, ob die Versäumung der Frist verschuldet oder unverschuldet war (zum Beispiel Länge einer Auslandsreise mit Buchungsbestätigung).

Sollten Sie die Einspruchsfrist unverschuldet versäumt haben, sollten Sie zügig anwaltlichen Rat einholen, damit ihr berechtigter Antrag nicht aus formalen Gründen abgelehnt wird.

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